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Bitte „rechtsfreundlich“ - Noch mehr Google Fonts-Abmahnung (ein Update)

Nachdem Rechtsanwalt Kilian Lenard mit seinen Google Fonts Abmahnungen mittlerweile in aller Munde ist (siehe dazu auch unseren Artikel „Google Fonts-Abmahnung von RA Lenard“) haben wir jetzt ein Schreiben vorgelegt bekommen, in welchem die „RAAG-Kanzlei, Dikigoros Kairis“ beweist, dass der Absurdität keine Grenzen gesetzt sind.

Bereits der erste Satz lädt zum Grübeln (oder Schmunzeln - je nach Gemütslage) ein:

bitte nehmen Sie Kenntnis davon, dass ich das anwaltliche Interesse von Herrn Wang Yu rechtsfreundlich wahrnehme.“

Demnach wäre Herr Wang Yu selbst Anwalt, dessen berufliches Interesse von „RAAG-Kanzlei, Dikigoros Kairis“ vertreten wird. In welchem Zusammenhang dieses „anwaltliche Interesse“ des Herrn Yu mit dem abgemahnten angeblichen DSGVO-Verstoß steht, fällt dann wohl unter die anwaltliche Schweigepflicht - mitgeteilt wird es in dem Schreiben jedenfalls nicht.

Im weiteren Verlauf des Schreibens sticht dann die schlechte Sprache, falsche Grammatik und fehlerhafte Zeichensetzung ins Auge. Was der Verfasser z.B. mit dem Satz

So wurden von unserer Mandantschaft mit folgendem Aufrufen seine IP übergeben.“

sagen will, bleibt der kreativen Fantasie des Empfängers vorbehalten.

Aber nicht nur sprachlich scheint „Dikigoros Kairis“ (griechisch für „Rechtsanwalt Kairis“) dem Sachverhalt nicht gewachsen zu sein, auch fachlich offenbart sich große Unwissenheit. Denn er trägt vor, aus der angeblichen Rechtsverletzung ergebe sich ein Anspruch auf „Löschung und Unterlassung gemäß Art. 17 DSGVO“, wobei es nicht ausreiche, „die Schriftart z.B. zu löschen“, vielmehr habe der Adressat „die Unterlassung explizit zu bestätigen“.

Auch hier muss der Adressat sich wieder selbst erschließen, was genau er denn nun unterlassen soll. Den Löschungsanspruch scheint RA Kairis ja augenscheinlich auf die Google Fonts anstatt auf die persönlichen Daten zu beziehen.

Neu in diesem Schreiben ist der „Antrag auf Auskunft über die Datenverarbeitung nach Art. 15 DSGVO“.

Grundsätzlich steht das Auskunftsrecht jedem Betroffenen einer Datenverarbeitung zu. Allerdings muss dabei die Identität des Antragstellers zweifelsfrei feststehen, was bei einem Herrn „Wang Yu“ ohne zusätzliche Informationen eher schwierig ist. Laut Website des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationstechnik (BfDI) ist zur eindeutigen Identifizierung die Vorlage eines Personalausweisdokuments geeignet, wobei regelmäßig nur Name, Anschrift, Geburtsdatum und Gültigkeitsdauer benötigt werden.

Eine entsprechende Ausweiskopie des Herrn „Wang Yu“ ist dem Schreiben allerdings nicht beigefügt.

Darüber hinaus muss in Fällen, in denen ein Anwalt für seinen Mandanten eine DSGVO-Auskunft verlangt, die Original-Vollmacht vorgelegt werden (OLG Stuttgart, Urteil v. 31.03.2021, Az.: 9 U 34/21). Dass dies bei den Abmahnungen der RAAG-Kanzlei nicht der Fall ist, überrascht jetzt auch nicht mehr.

Richtig abenteuerlich wird es nochmal beim angeblichen Kostenanspruch. Die anwaltlichen Kosten sollen sich nämlich auf eine 1,3 RVG-Gebühr von 30,- € belaufen. Allerdings beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500,- Euro gemäß § 13 Abs. 1 S. 1 RVG die einfache Gebühr bereits 49,- €.

Um dem ganzen die Krone aufzusetzen, ist dem Abmahnschreiben dann nicht etwa die übliche Unterlassungserklärung beigefügt sondern eine Rechnung der RAAG-Kanzlei an den Abgemahnten, in welcher die Kanzlei diesem u.a. den „Schadensersatz i.H.v. 140,- €“ in Rechnung stellt. Von einer Forderung des angeblichen Mandanten ist hier überhaupt nichts mehr zu erkennen.

Ganz offensichtlich möchte Rechtsanwalt Kairis die allgemeine Verunsicherung nutzen, um seiner RAAG-Kanzlei Umsätze zu bescheren und sich selbst unrechtmäßig zu bereichern.

Das Risiko, in Folge dieses Schreibens tatsächlich von der RAAG-Kanzlei oder einem Herrn Wang Yu verklagt zu werden, halten wir für noch geringer als bei den Abmahnungen von Kilian Lenard.

Nichtsdestotrotz sollten Sie für eine datenschutzkonforme Einbindung der Google Fonts auf Ihrer Website sorgen, da im Falle einer tatsächlich erfolgten und nachgewiesenen Rechtsverletzung Unterlassungs- und evtl. sogar Schadensersatzansprüche bestehen.

Als Medien- und Datenschutzrechtsanwälte haben wir häufig mit der Verteidigung von (Massen-) Abmahnungen zu tun und können Sie hierbei professionell beraten. Sollten Sie auch eine Google-Fonts-Abmahnung erhalten haben, können Sie sich gerne an uns wenden. Wir beraten Sie schnell und unkompliziert und helfen Ihnen auch gerne dabei, Ihre Website rechtssicher zu gestalten.

© Oktober 2022, Philipp Selbach, Stefan Müller-Römer

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