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Recht auf Auslistung gegenüber einem Internetsuchmaschinenbetreiber - OLG Köln Urteil vom 04.07.2024 – 15 U 60/23

Am 04.07.2024 entschied das Oberlandesgericht Köln über das Begehren des Klägers, ein bestimmtes Suchergebnis aus den dargestellten Suchergebnissen auszulisten und dieses somit nicht mehr bei einer entsprechenden Suche anzuzeigen.

Die Beklagte betreibt in Deutschland und anderen europäischen Ländern eine Suchmaschine. Bei den Suchergebnissen handelt es sich um Links zu Internetseiten  auf denen ein Artikel zu finden ist, der unter anderem über den Kläger kritisch berichtet. Zudem weist der Artikel ein Lichtbild des Klägers auf. Der Kläger wollte durch seine Klage verhindern, dass die Beklagte weiter auf diesen Artikel durch Bereitstellung eines Links hinweist.

Das Landgericht Köln hatte die Klage in erster Instanz abgewiesen, weil die Beklagte nicht passivlegitimiert sei. Hintergrund dieser Entscheidung war, dass die Suchergebnisse durch die Muttergesellschaft der Beklagten aufbereitet und bereitgestellt werden. Die Beklagte ermöglicht lediglich den Zugang zu der Suchmaschine. Eine Entscheidung über die Auswahl der Suchergebnisse trifft die Beklagte gerade nicht.

Das OLG Köln entschied nunmehr, dass ein Unterlassungsanspruch des Klägers aus Art. 17 Abs. 1 DSGVO besteht. Art. 17 Abs. 1 DSGVO regelt das Recht auf Löschung von personenbezogenen Daten. Nach der Rechtsprechung umfasst dieser Anspruch in Fällen der Löschung von Suchergebnissen nicht nur ein Recht auf Löschung der entsprechenden Daten, sondern auch das Recht auf Unterlassen einer erneuten Listung dieser Suchergebnisse für die Zukunft.

Zentraler Aspekt der Entscheidung war die Verantwortlichkeit der Beklagten im Sinne des Art. 4 Nr. 7 DSGVO. Verantwortlicher ist jede natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet. Im Unterschied zum Landgericht Köln sah das Oberlandesgericht Köln eine Verantwortlichkeit der Beklagten gegeben.

Für das Vorliegen einer Verantwortlichkeit entscheidend ist, dass eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch die Beklagte ausgeführt wird. Eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten erfolgt nach der Rechtsprechung des EuGH bereits dann, wenn diese Daten auf einer Seite mit Suchergebnissen angezeigt werden. Durch das Ermöglichen des Zugangs zur Suchmaschine und das Anzeigen der Ergebnisse gegenüber den Nutzern verarbeitet die Beklagte somit Daten.

Die Verantwortlichkeit der Beklagten ist zudem nicht wirksam durch die Datenschutzerklärung ausgeschlossen worden. In der Datenschutzerklärung der Beklagten ist die Muttergesellschaft als zuständige Datenverantwortliche benannt. Ein Ausschluss der Verantwortlichkeit der Beklagten kann jedoch nicht durch eine Datenschutzerklärung erfolgen. Es kommt allein auf die tatsächlichen Umstände an. Die Datenschutzerklärung ist insoweit für die Verantwortlichkeit nicht zu berücksichtigen.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts schließt eine zusätzliche Verantwortlichkeit der Muttergesellschaft nach Art. 4 Abs. 7 DSGVO die Verantwortlichkeit der Beklagten als Tochtergesellschaft nicht aus. Das OLG verweist diesbezüglich auf Art. 26 DSGVO, welcher ausdrücklich die Möglichkeit einer gemeinsamen Verantwortlichkeit von mehreren Verantwortlichen regelt.

Eine Haftung der Beklagten ist nach stetiger Rechtsprechung außerdem nicht subsidiär zu der Haftung derjenigen Person, die den Artikel veröffentlicht hat. 

Die Verarbeitung der Daten erfolgte auch in unrechtsmäßiger Weise gemäß Art. 17 Abs. 1 Ziff. d) DSGVO. Die Abwägung der einschlägigen Grundrechte der Achtung des Privatlebens und des Schutzes personenbezogener Daten des Klägers mit dem Recht der Beklagten auf unternehmerische Freiheit und Meinungsfreiheit ging zu Gunsten der Rechte des Klägers aus. Grund dafür war die Unwahrheit einer bestimmten, nicht näher bekannten Information, die für das Verständnis des Artikels wesentlich war. Den Nachweis für die Unrichtigkeit hatte nach der Rechtsprechung des EuGH der Kläger zu erbringen, was ihm im vorliegenden Fall auch gelang.

Ein weiterer Punkt des Urteils war ein Unterlassungsanspruch gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG bezüglich des im Artikel enthaltenen Lichtbildes. Das in dem Artikel veröffentlichte Lichtbild wurde von der Ehefrau des Klägers erstellt. Sie übertrag anschließend die Nutzungsrechte ihrem Mann, dem Kläger. Durch die Bereitstellung von Hyperlinks zu den Internetseiten, die das Lichtbild veröffentlichten, verbreitet die Beklagte diese Lichtbilder. Dadurch wird der Kläger in seinem Recht auf öffentliche Wiedergabe gemäß § 15 Abs. 2 UrhG verletzt.

Die Beklagte muss es somit unterlassen, die angegriffenen Internetseiten in den Suchergebnissen anzuzeigen.

Das Urteil des OLG Köln zeigt, dass sich Suchmaschinenbetreiber auch durch eine aufgeteilte Ausgestaltung der Verantwortlichkeiten im Konzern einer Verantwortlichkeit im Sinne der DSGVO nicht entziehen können.

© September 2024, Niklas Dörpinghaus, Stefan Müller-Römer

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