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Weiterer Rückschlag für Google-Fonts Massenabmahner

Das LG München, welches mit seinem Urteil am 20.01.2022 zur dynamischen Einbindung von Google-Fonts den Grundstein für die Abmahnwelle gelegt hat, hat dem Berliner-RA Kilian Lenard und seinem Mandanten nunmehr ebenfalls „einen Dämpfer verpasst“.

In dem Verfahren (Az.: 3 O 17493/20), welches der Auslöser der Google-Fonts-Abmahnwelle war, hatte das LG München einen Websitebetreiber zu Unterlassung und Schadensersatz verurteilt, weil dieser auf seiner Website Google-Fonts so eingebunden hatte, dass eine Übertragung der IP-Adressen an Google stattfand.

Dies nahmen Anwälte wie Kilian Lenard und Nikolaos Kairis von der RAAG-Kanzlei zum Anlass, massenweise Abmahnschreiben zu versenden und Schadensersatz oder Vergleichszahlungen zu fordern.

Das AG Ludwigsburg hat bereits mit Urteil vom 28.02.2023 (Az.: 8 C 1361/22) entschieden, dass das Verschicken der Google-Fonts-Abmahnungen durch die Kanzlei Lenard rechtsmissbräuchlich gewesen ist, weil das Interesse an einer Einnahmeerzielung im Vordergrund gestanden habe. Unseren Artikel dazu findet ihr hier.

Nun hat das LG München mit Urteil vom 30.03.2023 (Az.: 4 O 13063/22) nachgezogen.

Es kam ebenfalls zu dem Ergebnis, dass das Versenden der zahlreichen Abmahnungen rechtsmissbräuchlich gewesen ist, weil als Motiv die Gewinnerzielung im Vordergrund gestanden habe.

„Wer einen Verstoß gegen sein Persönlichkeitsrecht gezielt provoziert, um daraus Ansprüche zu begründen, verstößt gegen das Verbot selbstwidersprüchlichen Verhaltens.“

Der Kläger, der ebenfalls eine Google-Fonts-Abmahnung von der Kanzlei Lenard erhielt, hatte negative Feststellungsklage erhoben, mit dem Antrag festzustellen, dass dem Beklagten, Herrn Ismail, kein Anspruch auf Unterlassung und Schmerzensgeld wegen der Einbindung von Google-Fonts zusteht. Das Gericht gab der Klage nun statt.

Zunächst bestätigte das LG München, dass die dynamische Einbindung von Google-Fonts zwar gegen die DSGVO verstößt und die Übertragung der IP-Adresse ohne zwingenden technischen Grund und ohne Einwilligung in die USA an Google eine Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts darstellen könne.

Allerdings setze dies eine persönliche Betroffenheit voraus, die das Gericht dem Beklagten konkret absprach. Es fehle hier an einer persönlichen Betroffenheit, weil der Beklagte die Websites nicht persönlich aufgesucht habe, sondern ein automatisiertes Programm (sog. Crawler) eingesetzt wurde.

„Wer gar nicht weiß, welche Websites „in seinem Namen“ besucht werden, kann sich überhaupt nicht individuell Gedanken dazu machen, dass ihm aus der Übertragung seiner IP-Adresse Unannehmlichkeiten entstehen könnten.“

Und selbst wenn der automatisierte Besuch einer Website dazu geeignet wäre, eine Rechtsverletzung zu begründen, so scheide der Unterlassungsanspruch aufgrund der „Tatprovokation“ aus. Denn der Crawler wurde gezielt dazu eingesetzt, nur die Websites ausfindig zu machen, in denen dynamische Google-Fonts eingebunden waren.

„Wer sich bewusst und gezielt in eine Situation begibt, in der ihm eine Persönlichkeitsrechtsverletzung droht, gerade um die Persönlichkeitsverletzung an sich zu erfahren, um sodann daraus Ansprüche zu begründen, ist nicht schutzbedürftig.“

Zudem habe bei der Versendung der massenweisen Abmahnungen (mindestens 100.000 nach Angabe des Prozessbevollmächtigten des Beklagten in der mündlichen Verhandlung) die Gewinnerzielung im Vordergrund gestanden.

Das Gericht halte es für kaum denkbar, dass eine Privatperson nur aus Verärgerung über einen aus ihrer Sicht gegebenen und weit verbreiteten Datenschutzverstoß von Website-Betreibern den mit der Versendung von mindestens 100.000 Abmahnschreiben verbundenen Aufwand auf sich nehmen würde, nur um auf den von ihm gesehenen Missstand beim Datenschutz aufmerksam zu machen.

Zudem sollte die gezielte Einschaltung eines Rechtsanwalts und die Bezeichnung als „Abmahnung“ die Drohkulisse gegenüber den Empfängern der „Abmahnungen“ vergrößern, so die Überzeugung des Gerichts weiter. Dass der Beklagte die mit der Abmahnung geltend gemachten Ansprüche nicht weiter verfolgt hat, spreche ebenfalls für seine Gewinnerzielungsabsicht.

Auch das Urteil des LG München bestätigt demnach unsere Rechtsauffassung hinsichtlich rechtsmissbräuchlicher Massenabmahnungen: Es gibt in diesen Fällen keinen Anspruch auf Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO.

Nichtsdestotrotz sollten Sie für eine datenschutzkonforme Einbindung der Google-Fonts auf Ihrer Website sorgen, da im Falle einer tatsächlich erfolgten und nachgewiesenen Rechtsverletzung Unterlassungs- und evtl. sogar Schadensersatzansprüche bestehen.

Bei Fragen, wenden Sie sich an uns. Wir beraten Sie schnell und unkompliziert und helfen Ihnen gerne dabei, Ihre Website rechtssicher zu gestalten.

© Nadine Krischick, Philipp Selbach, Juni 2023

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